Gemeinsamer „kleinräumiger Anbau“ in einem Objekt muss möglich und zulässig bleiben!
Die zentralen gesetzgeberischen Gesichtspunkte Sicherheit, Qualität, Gesundheits- und Jugendschutz sowie behördenseitig angemessene Umsetzbarkeit sind nicht nur eine Frage zum Beispiel der Rechtsformwahl (e.V. oder eG) bzw. der Satzungsgestaltung, sondern erfordern auch die Möglichkeit, dass mehrere Anbauvereinigungen am selben Ort bzw. im selben Mietobjekt tätig werden können.
Das vom Bundestag am 23. Februar 2024 verabschiedete Gesetz lässt dies nicht nur zu, sondern die Bundesregierung geht hierauf in ihrer Begründung ausdrücklich bejahend wie folgt ein (BT-Drs. 20/8704, S. 104):
„Mehrere Anbauvereinigungen können Anbauflächen gemeinsam bewirtschaften, sofern diese klar voneinander abgegrenzt sind, eine zweifelsfreie Zuordnung der Pflanzen und Erträge gewährleistet ist und die Anbauvereinigungen die gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben einhalten und ihre jeweiligen Pflichten nach diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften jeweils individuell erfüllen. Hierzu zählen auch etwaige landesrechtliche Vorgaben zur zulässigen Anzahl von Anbauvereinigungen nach § 30.“
Die aktuelle Sorge der Ausschüsse, es könnten „Plantagen“ entstehen, die dem angestrebten Ziel kleinräumigen Anbaus entgegenstehen würden, sind unbegründet.
Die Bundesregierung sollte daher an Ihren ursprünglichen Plänen festhalten und dem Bundesrat nicht – wie jetzt lt. Protokollerklärung geplant – entgegenkommen.
Es bedarf der dem Bundesrat empfohlenen Änderung von § 1 Nr. 13 KCanG nicht. Denn bereits auf der Grundlage des vom Bundestag verabschiedeten Gesetzes ist ausgeschlossen, dass „Plantagen“ oder „Großanbauflächen“ entstehen.
Im Gegenteil: Das Gesetz fordert zwingend den Eigenanbau jeder Anbauvereinigung innerhalb ihres eigenen befriedeten Besitztums, wodurch Cannabis und Vermehrungsmaterial gegen den Zugriff durch unbefugte Dritte (also auch andere Anbauvereinigungen), insbesondere Kinder und Jugendliche, geschützt ist. Anderenfalls würde einer Anbauvereinigung von vornherein keine Erlaubnis durch die zuständige Behörde erteilt (s. § 11 Abs. 3 KCanG).
Die fortwährende Wahrung des befriedeten Besitztums ist außerdem Gegenstand behördlicher Überwachung. Hinzu kommt, dass jede Anbauvereinigung nicht mehr als 500 Mitglieder haben darf, die Abgabe- und Besitzmengen streng reglementiert sind und die Anbauvereinigungen insoweit zu einer umfassenden Dokumentation verpflichtet sind.
Insofern besteht seitens des Bundesrats kein Änderungsbedarf, um die gleichermaßen von Bundestag und Bundesrat angestrebten Ziele zu erreichen.
Im Übrigen unterstützt der für jede Anbauvereinigung klar voneinander getrennte Anbau an einem Ort bzw. in einem Objekt offenkundig die Effizienz, Effektivität und Qualität der Verwaltung und entlastet diese nicht zuletzt auch. Anderenfalls müssten die Behörden insbesondere in großen Städten mit vielen Einwohnern und dementsprechend vielen Anbauvereinigungen die über das gesamte Stadtgebiet verteilten Anbauvereinigungen jeweils einzeln „abfahren“ und kontrollieren; ein ohne weiteres vermeidbarer Mehraufwand.
Durch eine Konzentration der Anbauorte innerhalb einer Stadt / einer Region werden im Übrigen auch Diskussionen um die Einhaltung der Mindestabstände zu Einrichtungen vermieden, die ausschließlich oder vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden. Dies entspricht dem Kinder- und Jugendschutzziel des Gesetzes.
Auch die für Anbauvereinigungen an einem Ort bzw. in einem Objekt möglichen Synergieeffekte hinsichtlich anbauferner Tätigkeiten bzw. Leistungen stehen den Zielen des Gesetzes nicht entgegen, sondern befördern diese vielmehr. Der Gesetzgeber möchte Gesundheitsrisiken vermindern und die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindern. Dazu bedarf es zwingend des sorgfältigen Anbaus von hochwertigem Konsumcannabis. Um dies zu erreichen, müssen die Anbauvereinigungen in professionelle Produktionsanlagen investieren und einen fachgerechten, sorgfältigen Anbau betreiben. Dies ist zu den vom Gesetzgeber vorgegebenen Selbstkosten nur möglich, wenn sich Anbauvereinigungen gewisse Kosten für anbauferne Tätigkeiten bzw. Leistungen teilen können.
Kurzum: Der dem Bundesrat von den Ausschüssen am 11. März 2024 empfohlenen Änderungen zu § 1 Nr. 13 KCanG jetzt auch Gegenstand der Protokollerklärung bedarf es nicht, um die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele zu erreichen, im Gegenteil, diese Änderungen würden den grundlegenden gesetzgeberischen Zielen und dem Grundsatz der Kostendeckung entgegenstehen.
– Dr. Marcus Geschwandtner, Bonn